Samstag, 5. Dezember 2009

Festival-Kultur in Buenos Aires

Durch ein Gewinnspiel kamen mein mitbewohnender Kollege und ich an eine Freikarte für das NOKIA Personal (Ein Mobilfunk-Provider wie in Deutschland z.B. Mobilcom) Fest 2009 in Buenos Aires und wollten uns die Chance nicht entgehen lassen, ein paar große Music-Acts mal live zu sehen. Wir also fix nach der Arbeit ab zum Club de Ciudad Buenos Aires, ein großes Outdoor-Veranstaltungszentrum im Herzen der Stadt. Schnell noch eine zweite Karte gekauft für 50 Pesos (knapp 10 EUR!) und rein ins Vergnügen! Hauptact des Abends waren übrigens niemand Geringerer als die Pet Shop Boys! Nun bin ich nicht gerade ein fanatischer PSB-Fan, aber wenn´s doch praktisch umsonst ist?! Unterwegs werden einem hunderte Flyer in die Hand gedrückt, die einen nach dem Festival dann noch hierhin und dorthin einladen. Ich kenne ja After-Show-Partys... aber hier gab es dann Flyer die direkt zur "After-Party" ohne Show einluden... Ob das mit den PSB zusammenhängt? Ich denke ja... So, auf dem Gelände angekommen, hieß es erstmal sich zwischen den 5 Bühnen zu orientieren. Meinem Kollegen dürstete es nach einem erfrischenden Bier. Und wir stellten Fest, dass auf Konzerten in Buenos Aires kein Alkohol verkauft wird. Ernüchterung, im wahrsten Sinne des Wortes, machte sich breit. Gut, dann halt nur Cola und Hamburger. Ein großartiges Festival-Futter übrigens! Überhaupt sind die Argentinier sehr entspannt auf dem Festival, kein Gerempel, kein böses Gegucke. Eine freundliche Stadt! Schließlich kamen dann auch die PSB auf die Bühne und Neil Tennant schmetterte seine maskuline Stimme in die Welt mit allen Neuheiten und nervigen Klassikern. Das Wetter spielte mit, alles schön. Tausende standen um die Bühne herum und praktisch niemand bewegte sich. Ich fand´s ja ein bisschen langweilig, aber mein Gott, es war doch praktisch umsonst... Mein Kollege stand neben mir und grinste zufrieden in sich hinein. Wie man sich 2 Stunden lang nicht bewegen kann, ist mir schleierhaft.

Nur zwei Wochen später waren wir wieder auf dem Weg zu einem Festival, diesmal zum PEPSI Music Festival, wieder im Club de Ciudad. Ein argentinischer Kollege war diesmal auch dabei. Bei diesem mehrtägigen Festival entschieden wir uns für den ersten Tag, Top-Act: The PRODIGY!!! Wer mich kennt, weiß, dass ich seit gut 15 Jahren ein Fan dieser Combo bin. Und nun das erste Mal live - das musste ich sehen! Wie es bei einem Festival zugeht, wusste ich ja nun bereits. Also wieder ab in die Stadt mit dem Taxi, Kollegen gefunden und ab ins Getümmel! Dieses Mal kamen wir spät von der Arbeit und gerade rechtzeitig zum Haupt-Act. Wir haben uns ungefähr 10 Meter vor der Prodigy-Bühne positioniert - die Vorfreude war groß! Dann kamen sie auf die Bühne, die Musik fing langsam an und dann......... explodierte die Welt um uns herum!!! Wir standen mitten in einer gigantischen hüpfenden und schiebenden Menschenmenge, ohne Einfluss auf Richtung oder Geschwindigkeit! Ich war echt erschrocken... bei den Pet Shop Boys lief doch alles so gesittet ab?! Ja, okay, das hier sind The Prodigy... andere Liga. Aber mit soetwas hatte ich einfach nicht gerechnet. Hier ein kleines Beispiel-Video zum besseren Verständnis: Klick! Mit ein bisschen Panik schoben wir uns langsam rückwärts durch die Menge, um ein bisschen Sicherheitsabstand zur Bühne zu gewinnen. Unglaublich. Und dann passierte eine der merkwürdigsten und unwirklichsten Situationen, die ich je erlebt habe: Ich stellte fest: Ich hatte plötzlich kein Handy mehr in meiner vorderen Hosentasche. Ich schaute zu meinem Kollegen und rief: "Mein Handy ist weg!". Er guckt mich merkwürdig an, hatte wohl nicht richtig verstanden und rief "Mein Handy ist weg!". Ich wieder: "Nein, MEIN Handy ist weg!". Er: "Ja, MEINS auch!". Wenn es nicht so traurig gewesen wäre, wäre es sehr lustig gewesen. Das Traurigste dabei: Er hatte sich ja MEIN deutsches Handy geliehen. So hatte ich an diesem Abend also innerhalb von 2 Minuten 2 Handys weniger. So kann´s gehen. Den Rest des Abends verbrachten wir hüpfend in der Menschenmenge, die Hände fest um Schlüssel und Portemonnaie gekrallt. Ich weiß nicht, ob die Telefone beim Hüpfen rausgefallen sind oder ob jemand zugegriffen hat. Ich habe hinterher gehört, dass auf Festivals immer viele Handys geklaut werden. Ok, jetzt weiß ich´s. Doch nicht so eine freundliche Stadt. Letzendlich war es aber trotz allem ein toller Abend, wir hatten viel Spaß und haben auch viel gelernt, haben danach noch ein paar Cocktails in einer Bar in Las Canitas und waren erst spät (bzw. früh) im Bett. Jetzt habe ich wieder ein Handy, sogar 2: Eins fürs Büro und ein Billiges für Festivals. Solange man aus seinen Fehlern lernt, ist alles gut. Mein Gehör ist inzwischen zurückgekehrt, und The Prodigy höre ich übrigens lieber von CD. Ich glaube, ich bin zu alt für sowas...