Sonntag, 26. September 2010

Traumstadt Buenos Aires

Das ZDF ist meinen Geschichten und Tipps einmal nachgegangen und hat eine Dokumentation über Buenos Aires gedreht und vor kurzem ausgestrahlt. Wer sie nicht gesehen hat, kann sich hier die Doku online in der ZDF mediathek anschauen: Klick!

Je nach Internetverbindungsgeschwindigkeit kann es sinnvoll sein, den Player auf Pause zu schalten und etwas vorladen zu lassen, bevor man weiter guckt. Viel Spaß!


Sonntag, 19. September 2010

Aufgepasst Deutschland: So grillt man richtig!

Endlich ist sie da - die Grillsaison! Ja richtig, ich spreche von Argentinien, denn hier bricht der Sommer an. Aber schon habe ich mich geirrt: Hier gibt es gar keine echte Grillsaison... Solange es nicht regnet, ist immer Grillsaison! Nicht wie diese Schönwettergriller in Deutschland, wo der Tag des alljährlichen "Angrillens" wie ein Feiertag zelebriert wird. Nein, der Argentinier lebt quasi vom und fürs Grillen. Und wenn es einer kann, dann Er.
Nochmal kurz zur Erklärung: Das "Grillen" nennt man hier Asado und "der Grill" ist die Parrilla (gesprochen Parriescha, mit rrrrollendem Caroline-Reiber-Gedächtnis-"Rrrrrrr").
Carnicería
Wer hier als Deutscher einmal durch die Fleischabteilung im Supermarkt gegangen ist, weiß wovon ich spreche. Echtes argentinisches Rindfleisch. Wobei der typische Argentinier eher nicht in den Supermarkt sondern in die Carnicería seines Vertrauens geht. Ok ok, ich habe schon oft über den unvergleichlichen Geschmack an dieser Stelle philosophiert, deswegen möchte ich heute ein bisschen auf die Hauptunterschiede in der Zubereitung auf dem Grill eingehen. Meine deutschen Freunde mögen mich fern-steinigen, ich bin weißgott kein Grillmeister. Meine persönliche Spezialität auf dem Rost ist Nackensteak, außen verkohlt, innen noch gefroren. Einmal habe ich rein zufällig bei der Zubereitung des Frühstücks in der Pfanne einen neuen Aggregatzustand von Speck entdeckt. Der Speck war dermaßen kross, dass er bei Berührung mit Besteck sofort in den gasförmigen Zustand hinüberwechselte, sprich er verpuffte quasi ins Nichts. Der Physiker spricht von der sogenannten Speck-Sublimation. Ich bin damit unter den Kandidaten um den Nobelpreis 2011, drückt mir die Daumen!
Jetzt aber zu den Grillunterschieden:
  1.  Die Hardware

    Der deutsche Grill ist ein eher zierliches und wackeliges Gestell aus

    Der deutsche Standgrill
    filigranem Draht, ein Dreibeiner, dem man gerade so die Tragkraft für diese transparenten "Minutensteaks" zutraut, die man getrost als hübsch durchscheinende Fensterbilder an die Balkontür kleben kann. Ja, ich verallgemeinere, es gibt sicher auch den einen oder anderen Deutschen, der den George-Foreman-Gasgrill auf dem frisch geharkten Kies im Garten stehen hat. Ein Argentinier würde dieses Gerät nicht als Grill wahrnehmen, allenfalls um das erste Holz darauf anzufeuern. Mit einem Schmunzeln. Die Argentinier sind stolz auf ihre Grillkultur. Ich habe beim letzten Grillevent bei mir ein Geburtstagsgeschenk gezeigt, dass ich in Deutschland bekommen habe: Ein elektronischer Grillgutprüfer, der die Temperatur und Garheit des Fleisches anzeigt. Als das Gelächter verhallt war, wurde ich gebeten, dieses "Ding" bitte umgehend aus den Augen zu entfernen, das sei eine Sache von Respekt. Ich denke, das sagt alles. So, nun zum Herausforderer...


    Die Parrilla

    Die typische Parrilla ist mindestens einen Meter breit, in der Regel ein gemauertes Werk das direkt ans oder ins Haus gebaut ist und damit einen nicht unerheblichen Teil der Wohnfläche einnimmt. Ja richtig, der Argentinier "wohnt" quasi in seinem Grill. An der Seite gibt es eine Kurbel, mit der sich die Höhe des Rostes stufenlos verstellen lässt. Rechts neben dem Rost findet man häufig einen Feuerkorb aus dickem Metall. Soweit ich weiß stammt diese Technik aus Uruguay und wird benutzt um die Kohle, oder noch besser das Holz für das Asado vorzubereiten. Der Rost der Parrilla besteht nicht aus Stäben sondern aus starken "V-Trägern", die das austretende Fett in die Ablaufrinne befördern, damit es nicht in die Glut tropft. Gereinigt wird der Rost nur mit Zeitungspapier, wenn er heiß ist. Wer den Rost mit Reinigungsmitteln bearbeitet, begeht eine Todsünde und vernichtet den typischen Asado-Geschmack.

  2. Die Vorbereitung

    Deutschland: Kohle rein, Spiritus druff (viel hilft viel!), anzünden, den Schnurrbart löschen und 30 Minuten warten.

    Argentinien: Wer um 16:00 Uhr essen will, muss 3,5 Stunden vorher anfangen, vor allem, wenn man mit Holz grillen will. Man schichtet etwas Holz im Feuerkorb auf und bringt es mit Zeitungspapier und dünnen Holzstäbchen zum Brennen. Wenn das Holz schön brennt, bröckeln die ersten verwendbaren Stücke durch den Feuerkorb nach unten. Man verteilt diese selbstgemachte Kohle dann mit einer Kaminschaufel gleichmäßig unter dem Rost, aber nur ganz flach. Der Argentinier grillt nicht mit Hitze sondern mit Zeit. Bis das erste Fleisch auf den Rost kommt, sind so locker 1,5 Stunden vergangen...

  3. Das Grillen

    Deutschland: Wenn die Kohle komplett weiß ist, hat sie eine gute Hitze und kann ihr Werk vollstrecken. Nackensteak, Bratwurst, und Schinkengriller druff, das ganze bei gefühlten 12.000 Grad (die Sonnenoberfläche hat ca. 5.500 °C) von allen Seiten gut durchgaren. Zeitansatz: Ca. 10 Minuten würde ich sagen. Am deutschen Grill wechselt man sich ab, damit alle schnell essen können. Außen kross, innen saftig, wenn möglich.

    Argentinien: Das Bife de Lomo (Filetsteak), das Bife de Chorizo (Rumpsteak), die Chorizos (würzige kleine Bratwürstchen) und die Provoleta (ein Grillkäse mit Kräutern) auf die Parrilla. Das, was mehr Hitze braucht, wird auf die Seite des Feuerkorbes gelegt, der Rest auf die dem Feuer abgewandte Seite. Das ganze so niedrig kurbeln, dass man darüber gerade so die Hand halten kann. Ab und zu Glut nachschaufeln und verteilen. Das Lomo wird übrigens am Stück gekauft und gegrillt, 2 kg-Klumpen sind normal. Übrigens ohne wilde Marinade, denn hier schmeckt das Fleisch einfach so ohne alles. Argentinische Spezialitäten auf dem Grill sind aber noch unter anderem Chinchulines (Dünndarm vom Kalb), Mollejas (Thymusdrüse vom Kalb, siehe Blog vom 4.8.2009), Matambre (Bauchlappen), Morcilla (eine breiige Blutwurst) und auch sonst eigentlich alles, was die Kuh so mehr oder weniger freiwillig hergibt. Ich glaube, Kühe werden in diesem Land zu 100% verwertet. Ich meine, es ist Milch, bei der man die Verpackung mitessen kann! Super! Ein kulinarisches Highlight ist "Matambre a la pizza", im Bild links das bunte, große matschige Ding. Der Argentinier benutzt das Fleisch dafür sogar als Pizzaboden, belegt es mit Provolonekäse und gießt Tomatensoße drüber. Ich glaube, er würde gern einfach alles aus Fleisch machen...
    Der Grillmeister heißt Asador, er serviert die Speisen aber lässt niemand anderen an den Grill, da ja keiner außer ihm weiß, wie lange das große Lomo schon in seiner jetzigen Position dort liegt. Dafür hält er sich aber auch das beste Stück für den Schluss zurück und bekommt am Ende einen anerkennenden Applaus. Dauer eines Asados: Auf jeden Fall über 3 Stunden. Zum Asado gibt es in der Regel sonst nur Salate und viel Wein oder Bier. Grillsaucen werden eher nicht benutzt, höchstens Chimichurri, eine recht scharf gewürzte Gemüsesoße, die ihr unbedingt fürs nächste Grillen bereit halten solltet!
Es ist halt schon etwas besonderes, das Grillen in Argentinien. Aber nichtsdestotrotz würde ich auch gern mal wieder in ein gut gewürztes und eingelegtes Nackensteak beißen. 

Abschließend verweise ich auf einen Artikel der argentinischen Zeitschrift "Planeta Joy", die die 10 Todsünden des Asado zusammengetragen hat. Ich werde sie so gut ich kann kurz zusammen fassen und übersetzen. Bedenke: Was in Argentinien gilt, kann auch für ein deutsches Grillen nicht verkehrt sein!
  1. Keinen Alkohol verwenden, um den Grill anzuzünden! Das beeinflusst den Geschmack negativ. Lieber trinken...!
  2. Nicht irgendein Holz verwenden! Es muss "gepflegt" und trocken gelagert werden.
  3. Das Fleisch nicht mit Zeitungspapier abdecken um die Hitze zu "halten".
  4. Nicht das Fleisch schneiden um zu sehen, ob es saftig ist. Dies wird als Verbrechen gegen die Menschlichkeit angesehen. Die Säfte treten dann aus und machen das Fleisch zur Schuhsohle...
  5. Gefrorenes Fleisch gehört nicht auf den Grill. Erst im Kühlschrank auftauen lassen.
  6. Nicht zuviel Hitze (Siehe meine Spezialität: Außen verkohlt, innen blutig)
  7. Knochen gehören nach unten, so kann das Fleisch stundenlang garen.
  8. Fertiges Fleisch gehört nicht auf Metall, das senkt die Temperatur zu stark. Das Fleisch wird besser auf Holzbrettchen serviert.
  9. Weiche Fleischstücke nicht zu stark und zu schnell erhitzen
  10. Geduld! Das Feuer nicht mit Fön oder anderen Dingen versuchen zu beschleunigen und das Fleisch nicht ständig drehen und wenden.
Viel Spaß beim nächsten Grill-Event! Schickt mir Bilder, ich veröffentliche hier gern Fotos der schönsten gefüllten Grillroste! Zeigt mir, dass ihr was gelernt habt!