Mittwoch, 16. September 2009

Umlufttaste

In Argentinien fährt man gern Auto, weil es auch Spaß macht. Ein Gefühl von Freiheit, solange man auf den Verkehr achtet. Verkehrsregeln sind hier wie schon einmal erwähnt eher theoretischer Natur. Und es gibt jede Menge Autos: Alte, neue und ganz alte Autos. Was könnte die wichtigste Funktion im Auto sein? Die Hupe, wie in Italien? Das Gaspedal, wie in Deutschland? Ich gebe zu, ich hätte diesen Eintrag vielleicht nicht danach benennen sollen, aber diese Art von schlechten Preisfragen ist der Deutsche ja aus dem „Unterschichtenfernsehen“ gewohnt: "Nennen Sie einen Buchstaben mit O".
Es ist die Umlufttaste, denn es kommt vor, dass eins der besagten ganz alten Autos mal vor einem fährt. Und weil es hier anscheinend weder TÜV noch Schadstoffklassen (lach) gibt, kann es schon mal vorkommen, dass man die vor einem liegende Straße für einen kurzen Moment nicht mehr sieht, aufgrund der schwarzen Wolke, die sich da vor einem aus dem Auspuff schlängelt, oder aufgrund der kurzzeitigen Kohlenmonoxid-Beneblung, die man in dem Moment unweigerlich durchmacht. So wird der Griff zur Umlufttaste zu einem natürlichen Überlebens-Reflex des Fahrers, bei dem er, einer Kobra nicht unähnlich, blitzschnell vorstößt um die lebens- und Atemluft rettende Taste zu erreichen.
Diese Emissionen sind aber nicht die einzigen der alten, mit tragendem Klebeband liebevoll zusammengeflickten Schlitten. Tommy Jaud beschrieb es in seinem Buch „
Resturlaub“, das hier jedem, der sich grinsend etwas mehr unter Buenos Aires vorstellen möchte, wärmstens ans Herz gelegt sei, mit dem Begriff der „explodierenden Lärmbomben“, die einem im Straßenverkehr entgegen geschleudert werden. Besser hätte es selbst Kafka nicht ausdrücken können (In diesem Zusammenhang fällt mir ein, ich muss noch ein Schulbuch mit Leihdatum von ´92 dringend zur Bücherei zurückbringen…).
Das Gerede über Emissionen bringt mich zu einem wichtigen Thema: Argentinien und der Umweltschutz. Zugegeben ein brisantes Thema, ich begebe mich auf dünnes Eis und muss nun wahrscheinlich die Rache Christinas fürchten…
Ein paar Wochen in diesem Land und ich frage mich ernsthaft, wieso ich in Deutschland jemals meinen Müll getrennt habe. Flaschenpfand? Was ist das denn?? Wieso verschwenden wir in Deutschland einen großen Teil unseres Lebens mit dem Sammeln und Trennen von Flaschen, dem Schnüren von verschiedensten Müllsäcken und dem Auswaschen von Joghurtbechern, wenn es anderen z.T. wesentlich größeren Ländern auf unserer Erde dermaßen am Rektum vorbei geht? Ich sage es jetzt laut und deutlich: Weil es jemand tun muss! Das ist unser Geschenk an die Nachwelt, und damit grenzen wir uns von denen ab, die sich keine Gedanken um selbige machen. Die ewige Frage „Warum ich, wenn die anderen doch…“ muss ein für alle Mal der Vergangenheit angehören. Ich für meinen Teil habe ein ziemlich mieses Gewissen, all meinen Hausmüll in eine Tüte zu stopfen und in die Tonne zu werfen, aber ich komme hier nicht drumherum. Und so versuche ich für mich selbst ein Zeichen zu setzen, indem ich meinen Einkaufswagen in die dafür vorgesehene Parkposition zurückbringe und nicht mitten auf dem Parkplatz stehen lasse, und indem ich meinen Müll in öffentliche Mülleimer und nicht auf die Straße werfe und indem ich die Fenster schließe, wenn die Heizung läuft. Und dann kann ich wieder einigermaßen ruhig schlafen. Denkt mal drüber nach.
Mann, das war jetzt ja fast ein bisschen Kafka-esque…
Hier habe ich noch einen interessanten Bericht im Netz gefunden:
Klick!